Vor langer Zeit sprach Novalis davon, seine Gedanken aus Dem Traum des F|hlens heraus zu entwickeln. Dhnlich verfdhrt die Malerin Maria Rogenhofer. Sie besinnt sich, beobachtet, arrangiert aus einem Gedankensee (A.P. G|tersloh) heraus, entwickelt Bildgewdchse wie Chansons : Tvnende, schwingende, rhythmisierte paysages intimes oder kleine sensations, von denen Paul Cizanne gesagt hatte, da_ er sie eifers|chtig h|te.
M.R. schvpft aus einer Art Speicher, aus dem sie von Fall zu Fall und beddchtig akkumulierend jene Requisiten herausholt, die stellvertretend f|r ihre Empfindungen stehen. Abwartend, Schritt f|r Schritt, in scheuen Gesten und Andeutungen kristallisiert sie aus Bruchst|cken, aus Gest|ckeltem jeweils Geschichten heraus. In sie spinnt sie ihre sich spiralfvrmig entwickelnden, souvenirartigen Partikel ein. Die dabei entstehenden Ensembles sind ohne
Anfang und Ende, ber|hren vielmehr Rdnder, Vorbeihuschendes in Gestalt von Strichen, Flecken, Abdeckungen, Ablvsungen. An der Mvglichkeit, das Erscheinende in seiner sich nach verschiedenen Seiten offenbarenden Gestalt einfangen zu kvnnen, zweifelt sie ohnedies. Daher beld_t sie es oft bei Andeutungen, ohne den Willen aufzugeben,
 
zu einem offenen Ganzen zu gelangen. Louise Bourgeois, eine K|nstlerin, der M.R. besonderes Augenmerk zuwendet, sprach in diesem Zusammenhang von der Zerbrechlichkeit in einem offenen Raum. In ihn erscheint bei M.R die Botschaft eingeschrieben, da_, was sie mitzuteilen hat, nur einen vorldufigen Charakter annehmen kann, da_ also ihr Ansatz ein verlaufender sein mu_, innerhalb dessen die jeweiligen Zusammenk|nfte stets von mehreren Phasen bestimmt werden. Wobei sich etwas in loser Beziehung festigen kann, und zwar in der Verkn|pfung mit anderen Teilen, Fragmenten im Schwebenden, Vorbeiziehenden. F|r ihre Metamorphosen bedient sich M.R. einer farbenfrohen - nicht bunten - Palette in zahlreichen, akzentsetzenden Durchmischungen. Farbe sei stdrker als Sprache, sagt Louise Bourgeois, Farbe sei eine
unterschwellige Kommunikation. Sie besteht bei M.R. aus in Intervallen, Zeit-Phasen vorgetragenen, Substanz anreichernden Differenzierungen, mitunter wie Vogelgezwitscher. Farben in ihrer symbolischen Bedeutung, von M.R. in ihren Komplexen sorgsam angemischt und gesetzt, definiert wiederum Louise Bourgeois in einem kleinen Bedeutungskatalog. Das Blau zum Beispiel: “Blau ist Selbstbehauptung um jeden Preis - ohne Rücksicht auf die Gefahren im Kampf -, voller Widerspruch und Aggression. Es symbolisiert die Intensität der Emotionen, die im Spiel sind. Schwarz ist Trauer, Reue, Schuld, Rückzug. Weiß bedeutet: Zurück an den Start. Es ist eine Erneuerung, die Möglichkeit
eines Neubeginns ganz von vorn. Pink ist feminin. Pink heißt, daß man sich gern hat und akzeptiert.” Aus ihren Assoziationen entwickelt M.R. dann so etwas wie Bühnen-Prospekte, Kunstlandschaften, innerhalb derer sich ein Hintergrund nach vorn, ein Vordergrund nach hinten schieben und Zwischenbereiche auftun kann. Der Betrachter der dabei entstehenden Schichtungen nimmt eine bestimmte Stimmung wahr, die sich unter Umständen mit dem decken kann, wovon das Intime dieser Seelenoasen mit einem feinen Sinn auch für das Groteske durchwoben erscheint. Wesentlicher ist, daß sich aus dem Verschichteten etwas von den in ihm verborgenen Geheimnissen herausfiltern und verstehen, nachempfinden läßt. Dazu animieren ja die verschiedensten Konstellationen innerhalb der Auftritte passiv oder aktiv agierender Wesen, in die sich sowohl Heiterkeit, Frohsinn wie Melancholie eingemischt zeigen können. Eine bewegte Ordnung, ein Wechselspiel in den sich organisch überlagernden “petites sensations” tragen dazu bei, daß M.R.s meist auf bescheidenen Formaten eine große Fülle ausbreitende Substrate nicht “ausgelesen” werden können, bei längerer Beschäftigung mit ihnen somit immer wieder neue Aspekte eröffnen. Dadurch hebt sich das mitunter bloß Angedeutete, Berührte und Zarte in den Gefilden dieser Malereien als etwas zeitlos in der Zeit Stehendes über viel Gemachtes und daher wenig Bewegendes hinaus.

Kristian Sotriffer